Verbandshaftung nach GVD 231/01 und Arbeitssicherheits- gesetzgebung

10.04.2025 Avv. Jakob Schramm

Verbandshaftung nach GVD 231/01 und Arbeitssicherheitsgesetzgebung: das Ausmaß der Einsparung ist für die Haftung der Körperschaft nicht ausschlaggebend

Eine Verbandshaftung (bzw. Haftung der Körperschaft) nach GVD 231/01 kann bekanntlich immer dann vorliegen, wenn in der Ausübung der Geschäftstätigkeit im Interesse oder zum Vorteil der Körperschaft Straftaten begangen werden. Im Sinne von Art. 25septies GVD 231/01 kann die Körperschaft auch für die Straftaten schwere fahrlässige Körperverletzung (Art. 590 StGB) und fahrlässige Tötung (Art. 589 StGB) unter Missachtung der Arbeitssicherheitsgesetzgebung (insbesondere GVD 81/2008) haften.

Nun stellt sich berechtigterweise die Frage, welchen Vorteil die Körperschaft aus den vorgenannten Straftaten ziehen könnte, bzw. worin das Interesse der Körperschaft besteht. Laut einhelliger Rechtsprechung und Rechtslehre handelt es sich hierbei um die unterlassene Implementierung bzw. Nichtanwendung von Arbeitssicherheitsmaßnahmen und Arbeitssicherheitsvorschriften; durch die Nichtanwendung der Präventionsmaßnahmen können Kostenreduzierungen und Gewinnoptimierungen erzielt werden.

Die Überprüfung der Frage, ob Interesse und Vorteil im Einzelfall vorliegen, muss in Bezug auf das Verhalten des Täters überprüft werden, und sich nicht etwa auf das Ergebnis der Handlung beziehen[1]. Somit ist es laut einem kürzlich ergangenen Urteil[2] auch unerheblich, ob die Einsparungen geringfügig waren. Die Haftung der Körperschaft kann nicht aufgrund der Geringfügigkeit des angestrebten/erzielten Interesses/Vorteils ausgeschlossen werden, da jegliche Nichtanwendung von Präventionsmaßnahmen, unabhängig vom wirtschaftlichen Ergebnis, zur Begehung der genannten Straftaten führen kann.

Um das Risiko der Verbandshaftung gemäß GVD 231/01 in diesem Bereich zu vermeiden, ist es notwendig, ein Organisations-, Führungs- und Kontrollmodell einzuführen, das durch geeignete Maßnahmen die Begehung dieser Straftaten verhindert.


[1] Kassationsgerichtshof, 4. Strafsektion, Urteil vom 21.01.2016, Nr. 2544
[2] Kassationsgerichtshof, 4. Strafsektion, Urteil vom 06.02.2025, Nr. 4810